Man sagt, Ulan Bator wäre gefährlich. Ja, es ist sau gefährlich. Und zwar dann, wenn man die Strasse überqueren möchte! Obwohl wir uns am Ende anpassten, haben wir noch immer sprachlose Gesichter. Man muss wissen, das Auto in Ulan Bator hat absoluten Vorrang. Ein Fussgänger der die Strasse überqueren möchte, ist ein lustiges Hindernis, auf das man gerne zu rast, damit er noch schneller flitzt. Doch ist dieser ja selber Schuld. Es gibt zwar Ampeln, aber das haben die hier nicht so recht verstanden. Sie werden einfach missachtet. Sowohl vom Fussgänger als auch vom Autofahrer. Auch beim Überqueren einer sechsspurigen Strasse benutzt niemand die Ampel. Mutter mit Säugling im Arm läuft erst mal irgendwie zur Mitte. Dann steht sie in der Mitte der Strasse und von beiden Seiten rasen die Autos an ihr vorbei. Sie nimmt es gelassen. Auch wir endeten einmal sogar in der Mitte einer grossen Kreuzung. Wir hatten grün aber die Autos wohl auch?! Hinzu kommt ausserdem, dass der Mongole für sein Leben gern hupt. Die Geräuschkulisse ist unglaublich. Es hupt 24h lang. Ununterbrochen. Man hupt alles und jeden an. Zum Bsp. wenn jemand 1 km/h zu langsam fährt oder die Ampel grün schaltet und das erste Auto bei Grünschaltung nicht mindestens mit 50 km/h aus dem Stand los fährt. Dann wird oft zusätzlich ein kleiner Polizist auf die Mitte der Kreuzung gestellt, welcher unerlässlich in seine Trillerpfeife bläst. Zwar war uns die Logik seiner Handzeichen für die Autofahrer nicht immer verständlich, aber er hatte eben seine Aufgabe. Das, obwohl die Ampel funktionierte. Das perfekte Chaos, welches jedoch funktioniert. Wir waren insgesamt über eine Woche in Ulan Bator und viel draussen, jedoch haben wir nie einen Unfall (was teilweise an ein Wunder grenzte!) gesehen. Selbst nachts hörten wir noch die Trillerpfeife und das Hupkonzert. Am Ende sind auch wir bei rot über die Strasse. Spur für Spur wird sich vorgearbeitet. Auch mit Kind im Arm.
Ansonsten ist Ulan Bator ein toller Mix zwischen Russland und Asien wobei die jungen Leute hier sehr stark nach Korea orientiert sind. Auch hier hielt lange der Kommunismus an und erst seit 1991 besitzen Mongolen einen Reisepass und dürfen reisen. Wie fast überall in Asien findet man hier den brutalen Mix aus dem Hypermodernem und Steinzeit. Riesige Glaswolkenkratzer und zwischendurch eine Jurte ohne Strom und fliessend Wasser.
Bis heute verehrt man Chinggis Khan (1162 – 1227), welcher auch dem Grössenwahn verfiel und bis zum Kaspischen Meer ritt. Bei seinem Tod betrug das mongolische Reich eine beachtliche Fläche von 19 Millionen km² und reichte vom chinesischen Meer bis zum Kaspischen Meer. Seinen eigenen Leuten brachte er lange Sicherheit und Frieden, auch war er bekannt, dass er recht tolerant gegenüber Religionen und Glaubensrichtungen war. Für andere Völker, denen er Leid und Tod brachte, wird er als grösster Massenmörder der Geschichte der Menschheit bezeichnet. Der mongolische Nationalheld ist überall zu finden. Auf Vodka Flaschen, T-Shirts, Feuerzeugen, Geldscheinen, Teppichen und Tellern.
Eines Abends überkam uns die Lust eine Zigarette zu rauchen. Also mussten wir logischerweise welche kaufen. Dies ergab sich als fast unlösbares Unterfangen. Wir standen im Zentrum der Stadt. Nirgends, in keinem Supermarkt, in keiner Bar und keinem Kiosk gab es Zigaretten. Nach fast einer Stunde liefen wir immer weiter hinaus aus dem Zentrum, wo die Ecken immer dunkler wurden. Wir fühlten uns mittlerweile wie Drogen Junkies, die auf der Suche nach Heroin waren. An den dunklen Strassen (es war mittlerweile nach 23h) gab es auch kleine, komplett vergitterte Kioske. Daniel steckte seinen Kopf durch ein sehr kleines Fenster und machte das, was er seit einer Stunde tat: Die Geste des imaginären Rauchens. Die Kiosk-Dame schaute erst nach links und dann noch rechts und nickte stumm. Wir flüsterten die gewünschte Marke zu und bekamen unsere Ware durch das kleine Fenster zugesteckt. Dem nächsten Schuss stand also nichts mehr im Wege!
Abschliessend ist zu sagen, dass wir Ulan Bator sehr mochten. Definitiv würde es uns wieder einmal hierher verschlagen. Aber auch weil sie der Ausgangspunkt ist für Lebenserfahrungen in Form von Touren durch die mongolische Steppe….
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